NSU-Konsul-Treffen 2010 - Die Konsulfamilie in Badenweiler oder eine Ausfahrt schweißt zusammen vom Martin Bünz

Da stehen sie nun vor mir oder vielmehr unter mir auf dem Hofplatz des Hotel Siegle, denn Sandra und ich halten unsere Begrüßungsrede vom Balkon aus.
Es ist Freitagabend der 19. Juni 2010 : Für das Wiedersehen der Konsulaner hat sich rechtzeitig die Sonne eingestellt und der Himmel zeigt einige Schäfchenwolken.
Den ganzen Tag hatte es Bindfäden geregnet und Deutschland zu allem Überfluss 1:0 gegen Serbien verloren.
Sie sind wieder von überall angereist. Keine Ecke aus Deutschland schien zu weit.
Dörte und Günther, mitsamt ihrem Spitz und dem Konsulgespann, sind aus dem hohen Norden gekommen. Meine alte Heimat. Wieder die weiteste Anreise.
Der Franz Huber ist da und vertritt die Republik Österreich. Natürlich auf Achse. Zusammen mit Brigitte und Herbert Beckenbauer haben sie sich weder von Regen, Graupel noch Nebel aufhalten lassen und sind über den Feldberg gut bei uns angekommen.
Silke und Hansi Proehl kommen ganz aus Wolfsburg und sind wie immer dabei. Familie Blume aus Reinhardshagen, Bernhard mit seinem Freund Helmut, der seinen Helm in Bautzen liegen gelassen hat, Stephan aus dem bayrischen Wald, das Ruhrgebiet ist vertreten und natürlich der NSU Zirkel aus dem Raum Odenwald, Heilbronn / Sinsheim. Viele bekannte, aber auch einige neue Gesichter haben sich eingefunden.
Ich halte meine Rede und anschließend wird das Wiedersehen gefeiert. Familie Brockmann und das Siegle Team haben den Grill gut im Griff. Nach einer schmackhaften Stärkung klingen die Gläser bis tief in die Nacht, die Erlebnisse des Einen und Anderen aus dem vergangenen Jahr und die Schilderungen der Eigenheiten unserer Konsul vermögen die Anwesenden immer aufs Neue zu fesseln.
Ein Blick in den Schuppen eröffnet die ganze Faszination der Marke Konsul: Hier stehen die beiden Farbkleckse von Rudi und Erich, aber auch die wunderbar restaurierten Maschinen von Frank, Bernhard und Hansi. Neugierig schleicht man um die Auspufftöpfe des sächsischen Eigenbaus herum und registriert, dass sie kein Innenleben haben.
Wie das wohl morgen klingen mag? Und wird das Wetter halten?
Mit diesen Fragen im Gepäck zerstreut sich die Konsulgemeinde um die Mitternachtsstunde, um in ihren Unterkünften, verteilt in Badenweiler, Schlaf zu finden und Kraft zu tanken für die morgige Ausfahrt.
Ich wache bereits um 5 Uhr auf, ich gebe zu - etwas nervös, und schaue aus dem Fenster. Es ist trocken. Der Himmel ist grau in grau. Hoffentlich zeigt sich unser schöner Schwarzwald heute in seinem Festgewand. Die Hoffnung bleibt wage.
Um 9 Uhr 30 ist der Fototermin auf dem Schlossplatz anberaumt. Pünktlich zu dem Termin fängt es an zu tröpfeln. Man hört sie aus allen Richtungen anfahren. Ein toller Klang durchfährt den Ort. Bernhards Maschine hat ein mächtiges Getöse.
Die Meisten sind regentauglich ausgerüstet, nur hier und da nehme ich aus den Augenwinkeln eine Jeans oder Halbschuhe wahr. Es zieht sich mehr und mehr zusammen. Die Wolken hängen tief und die Mauersegler sind ganz nah. Kein gutes Zeichen. Auf dem Schlossplatz angekommen, sind meine Tour Guides bereits da. Was bin ich froh. Wolfgang, Werner, Rudolf, Heinz und Rainer, Alle hatten mir spontan letztes Wochenende in Schlächtenhaus zugesagt, aber auch mit einem Augenzwinkern angefügt: „Bei Regen fahren wir aber nicht“. Jetzt waren sie trotz alledem gekommen. Super!
Aufstellung zum Foto. Das Tröpfeln wird stärker. Alle wollen trotzdem fahren. Konsulanten hält nichts auf. Dann der Startschuss von Freund Axel. Die Motoren beginnen zu donnern. Los geht´s.
Über 30 Maschinen und ihre tapferen Fahrer, Beifahrer und Beifahrerinnen machen sich auf, der Witterung zu trotzen. Erst an unserem ersten Rastpunkt erfahre ich, dass unserem Generalkonsul Walter Krämer beim Anfahren die Ankerplatte seiner Trommelbremse geplatzt ist. Zum Glück ist es ihm am Start passiert und nicht auf einer der Abfahrten im Schwarzwald, werde ich später denken. Außerdem konnte Walter sein Mittagessen mit trockener Hose einnehmen, im Gegensatz zu uns, wie wir noch später sehen werden.
Von Badenweiler geht es Richtung Kandern am Fuße des Schwarzwaldes entlang. Linker Hand ist der Blick in die Rheinebene durch Dunst versperrt. Schade. Hauptsache der Regen wird nicht stärker. Doch der Regen wird immer schlimmer. Ich fahre voraus. Über die Kuppe der Johannisbreite hinaus liegt Sitzenkirch schemenhaft vor uns. Was ist das sonst für ein lieblicher Anblick. Die Sausenburg ist gar ganz im Nebel verschwunden. Wir passieren Kandern. Die erste relevante Kreuzung ist nicht gesperrt. Die Autos müssen hinter uns sein. Jetzt, die kleine Scheideck hinauf, eine meiner Lieblings- Strecken, wenn sich die Konsul scheinbar mühelos in die engen Kurven beißt, aber im Regen ist es auf dem Zweirad eine neue Erfahrung.
An der schönen Steinkirche in Schlächtenhaus vorbei, die so markant auf ihrem Hügel steht, wird mir klar, wir sind gut in der Zeit. Sorgen mache ich mir langsam um die zwei Hirsche, die meine Beine umschließen. An den Knien und Schienbeinen wird es allmählich nass. Ganz zu schweigen von meinen Camel Boots, die nach Reinhardshagen wohl repariert, heute doch hoffentlich die Strapazen überstehen werden.
Da fällt mir Werner ein, der zum ersten Mal mit seiner Konsul zu einem Treffen angereist ist, in Begleitung seiner zwei Jungs auf Neuzeitmaschinen. Doch im Gegensatz zu ihnen habe ich ihn heute morgen in Jeans vorfahren sehen, genauso Stephan in Jeans und Halbschuhen. Wie mag es ihnen da hinten jetzt gehen?
Wir fahren das kleine Wiesental hinauf, Richtung Neuenweg. Die kleine Wiese begleitet uns und ist heute ein reißender Bach. Ich hoffe, dass der Regen nach jeder Kurve aufhören möge, aber er tut uns nicht den Gefallen. Zwischen den schwarzen Tannen an den Talhängen ziehen Nebelschwaden. Es sieht gespenstisch aus. Wir kommen an dem schönen Mühlenrad vorbei und es scheint sich heute schneller zu drehen als sonst. Der Ziegenbock in Niedertegernau ist auch nicht auf seinem angestammten Platz auf dem Plastikstuh,l und die kleinen Ortschaften scheinen menschenleer.Ob man sich hinter den Gardinen, im Trockenen, wohl Gedanken macht, was diese Unentwegten heute bloß den Schwarzwald hinauf treibt?
Wir sind in Neuenweg angekommen. Unsere Straßensperre funktioniert und wir werden gefilmt. Für eine Oscarnominierung wird es wohl nicht reichen.
Aus dem Ort heraus, fahren wir auf das Belchen Massiv zu. Nur der Herr zeigt sich heute nicht und liegt komplett hinter einer grauen Wand versteckt.
Sehe ich da ganz oben auf einmal etwa eine helle Stelle? Etwas Sonne hervor schimmern? Vielleicht haben wir Glück und kommen noch durch diese Wolkendecke hindurch.
Abwärts geht´s nach Schönau. Die Heimatstadt unseres Bundestrainers. Ein großes Plakat wünscht ihm und der Mannschaft Glück. Doch seit gestern wird er sich wohl so fühlen, wie wir jetzt.
In Schönau wird getankt. Das Dröhnen der Motoren hallt wieder von der Überdachung der Tankstelle. Ich gucke in die Gesichter und sehe zu meinem Erstaunen kein Wehklagen, keine Verzweifelung oder Unzufriedenheit. Ganz im Gegenteil, meine ich sogar ein leises Lächeln zu erkennen. Alle Achtung, denke ich, unerschütterliche Frauen und Männer, vor allem die Frauen.
Aber wir müssen noch den finalen Anstieg hinauf. Franz hat beim Start Zündprobleme, aber er ist ein alter Hase und holt uns wieder ein. Jetzt sind auch die Autos wieder bei uns und unsere Fangemeinde sperrt für uns die nächste Kreuzung und feuert uns an.
Es geht hinauf zum Wiedener- Eck. Verträumt liegt es da, das Wieden, selbst heute, als der Himmel alle Tore aufgemacht zu haben scheint. Ich merke, wie das Wasser von beiden Seiten des Schuhs nun unter der Sohle zusammen findet. Auch die Oberschenkel sind jetzt durch. Mit einem Wort ich bin bis auf die Haut nass. Eine Erfahrung macht man jetzt beiläufig: Warmer Regen im Tal ist weitaus angenehmer als der auf über 1000 Meter Höhe.
Durch Wieden und nach Wieden geht es in Serpentinen den Berg hinauf. Wie ich mich vor Wochen auf diesen Anblick gefreut habe, alle hinter mir, wie Perlen auf einer Schnur, im Sonnenschein, stampfen sie dem Berg entgegen. Heute kämpft sich die Gruppe tapfer durch die Dunstschleier. Solos, Sozii, Gespanne, alle trotzen den widrigen Umständen. Hier und da sehe ich eine gelbe Weste. Die Tourguides machen einen tollen Job.
Nach dem Wiedener- Eck ist meine Hoffnung erloschen, dass wir noch in die Sonne fahren. Es wird immer kälter. Petra Blume misst nachher an der Talstation der Belchen- Bahn noch 3,5° Celsius! Wilhelm fährt ohne Handschuhe. Wie macht er das bloß?
Noch einmal über die Hohe Tann. Ich sehe kurzzeitig gar nix mehr. Endlich sind wir an der Talstation der Belchen- Bahn angelangt. Bei Werner geht nix mehr. Die Jeans hängt durch nass an ihm herunter und wir schicken ihn mit Tourguide Werner gen Badenweiler.
Stephan, Bernhard und ich klappern mit den Zähnen um die Wette und spätestens jetzt weiß ich, dass ich zum nächsten Treffen eine vernünftige Ausrüstung haben werde. Auf dem Weg zur Gipfelstation sitzen wir mit Dörte und Günther und unserem Chopperfahrer Peter nebst Frau Nicole in der Seilbahn zusammen. Günther bringt es mit seiner trockenen Art auf den Punkt: „Du Schatz meine Frisur ist leider im Eimer“.
Oben angelangt, gibt es weder schöne Schwarzwald Täler ringsherum noch Alpensicht zu bewundern, dafür wird sich mit einer warmen Suppe, Maultaschen, Schäufele und viel, viel heißem Tee wieder etwas aufgewärmt.
Ich bin erleichtert und froh, denn die Stimmung ist immer noch gut. Die Helden der Ausfahrt scheint nichts unterzukriegen. Günter und Waltraud sitzen ruhig vor ihrer Suppe, schauen aus dem Fenster und bedauern gar die Wanderer, die sich gegen Wind und Regen den Bergpfad hinauf quälen. Hier und da wird aber doch die vorsichtige Bitte formuliert, den kürzesten Rückweg zu wählen. Auf jeden Fall, der war sowieso geplant.
Welche Freude, als auf einmal Elke und Christoph Missy hereinschneien, die erst unentschlossen aufgrund der Witterung waren, uns dann aber doch nachgefahren sind, uns gefunden und eingeholt haben und nun mit uns die Suppe, sowohl im Belchen-Haus, als auch auf der Abfahrt gemeinsam auslöffeln wollen.
Franz bekommt von seiner Ingrid noch den Regenkombi verpasst. „Er ist ja so stur ;-) und will zuerst immer nicht hören“.
Dann geht es den Belchen hinab. Wir stürzen uns in halsbrecherischer Fahrt vom Wiedener-Eck hinab ins Münstertal. Der Scharfenfelsen bekommt heute auch nicht seine Aufmerksamkeit, bis auf Rudis Bremse, die sich hier festsetzt, die er aber nach einigen hundert Metern zum Glück wieder lösen kann. Sonst passiert nichts. Die Maschinen halten und alle Fahrer spielen ihre ganze Routine und ihr ganzes Können aus.
Die Schönheit des Münstertals, mit dem sehenswerten Kloster St. Trudpert fliegt an uns vorbei. Alle wollen nach Hause. Und hier kommen auch alle, nach Vorbeifahrt an den idyllischen Weinorten Laufen und Britzingen, wohlbehalten an. Pünktlich zum Abstellen der Motoren reißt der Himmel auf und ein paar wohltuende Sonnenstrahlen erwärmen das Gemüt, nicht aber die Gliedmaßen. Das muss gleich die heiße Dusche besorgen.
Auf dem Parkplatz steht bereits Erich Krinke und erwartet uns. Sein Zitronenfalter fliegt nicht bei Regen, wie er mir sagt. Und wer kann es ihm heute verdenken?
Ich schaue mich um - sehe, wie Handschuhe ausgewrungen und Stiefel voll Wasser ausgekippt werden. Ich erblicke aber auch viele strahlende Gesichter und Frank, der mir auf die Schulter klopft und sagt: „Tolle Gegend, tolle Strecke“.
Und vor allem sehe ich die Fahrerinnen und Beifahrerinnen, die ab- oder aussteigen, sich einmal schütteln und dastehen, als wäre nix gewesen.
Liebe Konsulantinnen und Konsulanten, ich möchte an dieser Stelle sagen, ich bin stolz auf Euch und stolz darauf, in Eurer Gemeinschaft mitfahren zu dürfen. Martin
Nach einer heißen Dusche und vorsorglich eingenommenen Gripp- Heel Tabletten geht's ins benachbarte Hotel Eckerlin zu unserem Abschiedsabend. Die Strapazen scheinen vergessen und in gewohnt lockerer und unterhaltsamer Runde, bei einem reichhaltigen Büfett, werden schon wieder die Tageserlebnisse zum Besten gegeben.
Und fast scheint es, dass Badenweiler etwas wiedergutmachen möchte: Bei Einbruch der Dunkelheit gibt es - von der Burg Baden herunter - das bekannte und sehr geschätzte Feuerwerk mit Musik.
Anmerkung des Webmasters: Leider konnte ich wieder nicht dabei sein. Recht zügig schickte mir Martin seine Bilder und den Bericht, damit ich ihn hier gleich reinsetzen kann. Dazu war ich allerdings nicht sofort fähig.
Am nächsten Morgen fiel die Verabschiedung schwer und mit Wehmut fasste man die Erkenntnis, wie schnell doch so ein Wochenende wieder vorbei gegangen ist. Wir hoffen Ihr seid alle wieder gut zu Hause angekommen und freuen uns sehr, Euch bald wieder zu sehen, spätestens natürlich 2011 im Bayerischen Wald  und sagen liebe und mittlerweile sonnige Grüße aus Badenweiler ... von Sandra und Martin Bünz